5. Tag / Gemünd

Nach unruhiger Nacht mit wenig Schlaf, geht es schon sehr früh wieder los. Der gestrige Tag hängt mir in den Knochen. Leider musste ich zusätzliche knappe 8 km laufen bis ich an meinem Übernachtungsplatz ankam. Das war evtl. etwas zuviel. Hinzu kamen die unzähligen und auch widersprüchlichen bzw. völlig gegensätzlichen Eindrücke des Tages. In Anbetracht der Umstände konnte ich aber recht gut schlafen.

 

 

Heute ist ein kurzer Lauf - Tag. So summiert sich der Tag auf gerade mal 13 km. Dennoch bin ich nicht böse darüber. In der Jugendherberge Gemünd möchte ich übernachten. Hier hoffe ich am Blog arbeiten zu können und mich etwas auszuruhen. Zugegeben! Ich bin sehr müde. Wirklich gut fühle ich mich heute nicht.

Bei einer Rast an der Urft spricht mich dann auch ein Pärchen an. Wo es hin geht, wie lange ich schon unterwegs sei… sowas. Es ist schön auf nette Menschen zu treffen. Nach den ersten Tagen ist mein Fazit eher verhalten.

In der Tourist-Info in Gemünd hängt man dann auch einen meiner Flyer auf, die ich mir für die Reise noch schnell zusammengezimmert habe. Witzig ist auch, dass die Mitarbeiterin mich gestern in Kesternich an der Strasse gesehen hat. So mit Fahne und so...

Jetzt weiß die Dame auch, was der Kerl macht und wo er hin will. Ihre Hilfsbereitschaft hat mich sehr gefreut. Vielen Dank.

 

Der Weg über die ehemalige Ordensburg Vogelsang am sehr frühen Morgen und dann entlang der Urft in Richtung Gmünd war toll. Ich bin ein ausgesprochener Frühaufsteher. Ja, is übel….. ich weiß! Aber diese Stimmung am Morgen in der Natur, wenn alles erwacht, ist einfach traumhaft. Und meine schönsten Tierbeobachtungen hatte ich meist früh morgens. 

 

 

Gestern und heute...

 

In Gemünd fühle ich mich nicht wohl. Es beginnt schon spannend mit dem aufkommenden Gegenverkehr der Sonntagswanderer und Radfahrer die mit hohem Tempo sehr dicht an einem vorbei rasen. Platz genug ist am Urftweg. Dennoch kommt so mancher so dicht an mir vorbei, dass ich den Luftzug deutlich spüre und mich erschrecke. Vielleicht 30-40 cm. Tempo? Schwer zu sagen. Auch so was zwischen 30 und 40 km/h… Ganz schön flott auf alle Fälle. 

Situationen, wie sie immer häufiger vorkommen, ja an der Tagesordnung sind.

Der traurige Höhepunkt: wir kacheln mit einem Mann, Marke Persönlichkeitsbehaupter mit Hund, zusammen. Er und ein Pärchen brauchen den kompletten Platz auf der kleinen Strasse, die uns zur Jugendherberge führt. Zeit um uns etwas Platz einzuräumen gab es genügend. Anstatt uns diesen zu gewähren, schwenkt er noch weiter in unsere Richtung auf totalen Kollisionskurs….. Platz da Pöbel, hier komm ich…...

Wir können nicht ausweichen…. neben ihm laufen seine "Kumpanen" die auch keine Anstalten machen uns Raum zu geben… So kommt was kommen muss. Genervt von diesem "Ellenbogenverhalten" halte ich voll drauf! Wir gehen ohne Richtungsänderung unseren Weg weiter. Er ist es, der Kurs auf uns einschlägt und mit vollem Tempo in uns rein läuft! Inklusive braunem Labrador an der Leine…. So krachen wir zusammen. Er zwängt sich zwischen mir und meiner Frau, die mich heute morgen begleitet, hindurch. Dabei ohne eines Blickes oder eines Wortes an uns…. einfach durchgezwängt…. Unverschämtheit!

 

Ich drehe mich um und frage mit rauem Ton:"...Also hören sie mal….wieviel Platz brauchen wir denn…..?"

Der Mann bleibt stehen, dreht sich um und winkt verächtlich ab… Sein Freund versteht, was ich meine und entschuldigt sich, obwohl er überhaupt nicht der Verursacher war.:"….war nicht so gemeint, tut uns leid…"

Ich will gerade wieder weitergehen, da dreht sich der Arsch wieder um und fragt mich :"….hast du Stress…?"

"Nein!" Entgegne ich. "Nur wenn ich Typen wie sie treffe….!" Aber da dreht er sich auch schon wieder um und geht weiter….

Hier stehe ich nun mit meinem Friedensfähnchen am Rucksack und mir schießt der Dampf aus den Ohren…..

Ich kann mir einfach nicht helfen, aber diese Ellenbogengesellschaft kotzt mich einfach an. Als hoch emphatischer Mensch spüre ich sehr schnell die Haltung der Menschen in meiner Umgebung. Die Situation war eindeutig. Wir sollten gefälligst Platz machen! Er alleine hat das Recht so zu laufen wie er will! Miteinander und Rücksichtnahme bedeuten nachzugeben. Das bedeutet Schwäche! Und das kommt nicht in Frage! Er muss dominieren in dieser Welt, sonst nichts…… Ich ertrage das nur schwer. Diese Art hat so zugenommen. Man erkennt es jeden Tag, überall, wo man unter Menschen ist. Ein "Miteinander" gibt es nicht mehr. Wettbewerb, wo man nur hinschaut. Empathie, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit sind für eine gesunde Gesellschaft unabdingbar. Aber wir leben in einer Zeit in der diese Attribute als Schwächen angesehen werden. Fressen oder gefressen werden….. Was für ein Unsinn...

 

Auf meiner bisherigen Wanderung erklärte mir ein Gesprächspartner:

"….diese junge Buche beispielsweise, ist auch brutal. Sie wird alle Pflanzen um sie herum zerstören damit sie leben kann. Das ist nur natürlich. Krieg ist natürlich. Die Menschen haben schon immer Kriege geführt. Das wird auch immer so sein……"

Ich kann gar nicht sagen in welchem Maße ich eine solche Aussage verachte.

Wir sind keine Buche, kein Wolf und kein Hai! Wir sind Menschen! Uns wurde die Fähigkeit der Empathie mitgegeben. Intelligenz in hohem Maße, wie auch das Bewusstsein. Uns, wann immer es passt, mit der rauen Natur zu vergleichen, ist einfach feige! Dann verweigern wir uns unsere Verantwortung anzunehmen. Wir sind nicht so! Es ist nur einfacher so zu sein! Das ist alles. Gier zu befriedigen ist leichter als Verzicht. Egoismus leichter als zu teilen. Zumindest für die, die zu feige sind das Risiko einzugehen.

Ok, dann spiele ich den Ball mal zurück.

Die Natur ist aber auch nicht gierig. Sie nimmt nicht mehr als sie braucht. Die Natur sorgt für ein natürliches Gleichgewicht. Nur der Mensch plündert seinen Lebensraum und Artgenossen aus bis es nichts mehr gibt. Früher ging das noch, da waren wir ja wenige, aber heute sind wir zu viele. Wir halten den Erdball festumklammert. So fest, dass die Welt unter dieser Umklammerung zu ersticken droht. Wir sind der Krebs dieser Welt! Da habt ihr euren Vergleich! Wir sind eine Krankheit! Wenn wir nicht endlich lernen was wir für Möglichkeiten haben. Wir könnten die Hüter dieser Welt sein, anstatt die Zerstörer. Held oder Bösewicht? Einfach genug so?